Pseudonyme erlaubt |
27.01.2022 16:56:39
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Meta-Aktie in Grün: Facebook unterliegt am BGH im Streit um Klarnamenpflicht - Übernahmepläne genehmigt - WhatsApp im Visier
Die obersten Zivilrichter Deutschlands erachten es als ausreichend, dass sich Menschen mit ihrem Klarnamen registrieren. Der Vorsitzende Richter des dritten Zivilsenats, Ulrich Herrmann, sprach von einem Innenverhältnis. Im Außenverhältnis - also zum Beispiel beim Posten von Beiträgen, Kommentieren oder beim Beitreten zu Gruppen auf dem Portal - sei es Facebook zumutbar, dass das unter Pseudonym geschehe.
Das Netzwerk hatte die Accounts eines Mannes und einer Frau 2018 gesperrt, weil ihre Fantasienamen gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Das Oberlandesgericht München, das zuletzt über die Klagen geurteilt hatte, hatte Facebook Recht gegeben.
Hintergrund der unterschiedlichen Sichtweisen ist eine neue Rechtslage: Das deutsche Telemediengesetz verpflichtete Anbieter, die Nutzung ihrer Dienste "anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist". Das alte EU-Recht stand dem nicht entgegen. Doch seit Mai 2018 gilt in der Europäischen Union ein neues Datenschutzrecht (Datenschutz-Grundverordnung), das ausdrücklich keine solche Bestimmung enthält.
Das Münchner Oberlandesgericht hatte argumentiert, Deutschland habe damals auf europäischer Ebene vergeblich versucht, ein Recht auf pseudonyme Nutzung in die EU-Verordnung hinein zu verhandeln. Der deutsche Paragraf sei nun im Sinne des Unionsrechts auszulegen.
Die BGH-Richter haben die Fälle nun aber nach alter Rechtslage entschieden, weil die Konten vor Inkrafttreten der neuen EU-Regeln angelegt worden waren. "Daher ist die unmittelbare Reichweite unserer Entscheidung auf Altfälle begrenzt", sagte Richter Herrmann. Als Stichtag könne man das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung am 25. Mai 2018 ansehen, erklärte ein BGH-Sprecher.
Was für User gilt, die sich später registriert haben, ist unklar. Wie künftig unter den neuen rechtlichen Voraussetzungen entschieden wird, bleibt abzuwarten. Unter Umständen muss sich auch mal der Europäische Gerichtshof übergeordnet mit der Thematik befassen.
Eine Sprecherin des Facebook-Mutterkonzerns Meta teilte nach der Verkündung mit: "Wir nehmen die heutige Entscheidung zur Kenntnis, die ausdrücklich auf einer überholten Rechtslage basiert." Facebook sei eine Plattform, auf der sich Menschen mit ihrem echten Namen miteinander verbinden und austauschen können. "Die Nutzung von echten Namen trägt zur Authentizität auf der Plattform bei."
Der wegen des Unternehmenssitzes für Facebook zuständige Hamburgische Datenschutzbeauftragte, Thomas Fuchs, begrüßte das Urteil: "Auch wenn das Telemediengesetz mittlerweile abgelöst und durch neuere Bestimmungen ersetzt wurde, ist die pseudonyme Nutzung aus Datenschutzgründen weiterhin richtig und das Prinzip der Pseudonymisierung auch in der Datenschutzgrundverordnung verankert."
In den aktuellen Nutzungsbedingungen von Facebook heißt es unter anderem, Nutzerinnen und Nutzer sollten hier denselben Namen verwenden, den sie auch im täglichen Leben gebrauchen. Die Regel soll die Hemmschwelle für Hassrede und Mobbing erhöhen. "Wenn Personen hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft sicherer und kann stärker zur Rechenschaft gezogen werden."
Nun sind beleidigende oder diskriminierende Äußerungen im Netz kein Kavaliersdelikt und nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie vermehrt in der Kritik. Dennoch sagte Christof Stein, Pressesprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten, der Deutschen Presse-Agentur: "Anonymität im Netz ist ein hohes Gut, das man nicht so leicht opfern sollte."
Sie stehe auch nicht dem Kampf gegen Hass, Hetze und Mobbing entgegen. Zum einen könne man auch bei Pseudonymen die Menschen dahinter finden. Zum anderen kämen derartige Aussagen von vielen Accounts, die überhaupt nicht anonym sind. "Das sind keine Fragen von Anonymität und Datenschutz, sondern von mehr Strafverfolgung", so Stein. Inwieweit Facebook etwa im Rahmen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes mit Strafverfolgungsbehörden besser kooperieren könnte, ist aus Sicht des Hamburger Datenschutzbeauftragten Fuchs aber eine andere Frage, die nicht mit der Klarnamenpflicht verwechselt werden sollte.
EU-Wettbewerbshüter genehmigen Übernahmepläne von Meta
Die Wettbewerbshüter der EU haben den vom Internet-Konzern Meta geplanten Kauf der Firma Kustomer unter Auflagen genehmigt. Das 2015 gegründete Start-up bietet Kundenservice-Plattformen und sogenannte Chatbots an, die Kundenanfragen automatisch beantworten. Für die Genehmigung muss Meta jedoch Auflagen erfüllen, wie die EU-Kommission am Donnerstag mitteilte. Dazu zählt, dass Meta konkurrierenden Anbietern und neuen Marktteilnehmenden bestimmte Zugänge gewährleistet.
"Die Kommission ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplante Übernahme angesichts dieser Zusagen keinen Anlass mehr zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gibt", hieß es in der Mitteilung der Kommission. Vergangenen August hatten die Wettbewerbshüter Bedenken gegen die Übernahme geäußert, da Einschränkungen auf dem Markt für Kundendienst-Software (Customer Relationship Management - CRM) befürchtet wurden.
Auch das Bundeskartellamt beschäftigt sich mit der Übernahme. "Meta sollte nun unverzüglich entsprechende Unterlagen für eine Prüfung des Vorhabens im Rahmen der Fusionskontrolle einreichen", sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, im Dezember. Vor gut zwei Wochen sei die Fusion offiziell angemeldet worden, so ein Sprecher des Bundeskartellamts. Seitdem prüfe man die Auswirkungen des Vorhabens auf dem Gebiet der Bundesrepublik.
Meta hatte im vergangenen November angekündigt, sich mit dem Kauf von Kustomer bei Angeboten für den Kundendienst verstärken zu wollen. Details zum Preis oder zu sonstigen finanziellen Konditionen wurden damals nicht genannt. Nach früheren Informationen des "Wall Street Journals" wird Kustomer bei dem Deal mit etwas mehr als einer Milliarde Dollar (842 Mio Euro) bewertet.
EU-Kommission und Verbraucherschützer nehmen WhatsApp ins Visier
Wegen umstrittener Datenschutzregeln verlangt die EU-Kommission zusammen mit Verbraucherschützern Aufklärung vom Messenger-Dienst WhatsApp. Zusammen mit einem Netzwerk für Verbraucherschutz (CPC) habe man ein entsprechendes Schreiben an das zum Meta-Konzern (ehemals Facebook) gehörende Unternehmen geschickt, teilte die Brüsseler Behörde am Donnerstag mit. Man verlange hinsichtlich der Nutzungsbedingungen sowie der Datenschutzregeln von 2021 Aufklärung.
WhatsApp hatte im Mai vergangenen Jahres neue Datenschutz-Bedingungen eingeführt. Die Sorge vieler Kritiker war unter anderem, dass dadurch mehr Daten mit der Konzernmutter geteilt werden sollen. WhatsApp wies dies zurück. Nach einer Strafe der irischen Datenschutzbehörde von 225 Millionen Euro ergänzte WhatsApp schließlich die Nutzungsregeln mit weiteren Informationen.
Der zuständige EU-Kommissar Didier Reynders forderte nun: "WhatsApp muss sicherstellen, dass Verbraucher verstehen, wozu sie zustimmen und wie ihre persönlichen Daten genutzt werden." Er erwarte von dem Unternehmen, sich an EU-Regeln zu halten. Deshalb habe man nun einen offiziellen Dialog begonnen. WhatsApp habe bis Ende Februar Zeit, konkrete Zusagen zu machen, wie es auf die Bedenken reagieren will.
Konkret geht es den Angaben zufolge etwa darum, ob Verbrauchern die Folgen der Zustimmung zu den neuen Regeln deutlich genug sind und um die Benachrichtigungen in der App, mit denen Verbraucher zur Zustimmung aufgefordert werden. Zudem sei man über den Austausch persönlicher Nutzerdaten zwischen WhatsApp und Dritten oder anderen Unternehmen des Meta-Konzerns besorgt.
Die Meta-Aktie klettert an der NASDAQ zeitweise um 1,55 Prozent auf 298,97 US-Dollar.
/kre/sem/DP/eas
KARLSRUHE (dpa-AFX)
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